Mein Buch des Monats: Mai

Rose Tremain: Und damit fing es an

(Insel Verlag, 2016, gelesen als E-Book von der Onleihe)

Das Buch war eine Empfehlung einer lieben Freundin, der für mich nun zu einem meiner Lieblingsbücher geworden ist, ein Buch, das so eine Menge bietet, inhaltlich und auch sprachlich, dass man es mehrmals lesen kann. Besonders schön war diese Buchentdeckung, da ich im letzten Monat zwar viel gelesen habe, aber nichts hat mich wirklich vom Hocker gehauen. Das kann natürlich daran gelegen haben, dass ich selbst mitten in der Arbeit an einem Roman gesteckt habe und es dann immer schwer ist, überhaupt an etwas anderes zu denken.

Worum es geht in dem Buch von Rose Tremain? Gustav hat es nicht leicht im Leben: Der Vater aus dem Polizeidienst entlassen, hält sich mit einem Hilfsarbeiterjob bei der Bahn über Wasser. Die Mutter, die aus ärmlichsten Verhältnissen stammt, ist enttäuscht von allem:

– von ihrem Mann, in seiner Erfolglosigkeit, dass er nicht mehr stellvertretender Polizeichef ist, weil er für aus Deutschland fliehenden Juden Papiere gefälscht hat.

– von Gustav, weil sie sich das Leben mit Kind beglückender vorgestellt hat und weil er für sie kein richtiger Ersatz für den Gustav ist, den sie zuvor bei einer Fehlgeburt verloren hat.

– von ihrer Mutter, die verbittert in Armut lebt und keine Liebe geben kann.

Gustavs bester Freund aus Vorschulzeiten, Anton, entstammt einer reichen jüdischen Bankiersfamilie. Dort bekommt Anton das Gefühl zu Hause zu sein viel mehr als in seinem eigenen, kargen Kinderzimmer. Durch Anton erfährt Gustav, wie schön es sein kann, am Wochenende Schlittschuhlaufen zu gehen, Musik zu genießen.

Das Buch erzählt die Geschichte von Anton und Gustav von Kindheit bis zum Alter. Der ursprüngliche Titel des Buches ist »The Gustav Sonata«, was viel über den Roman aussagt: Wenn man möchte, kann man sogar die Parallelen feststellen zwischen der Sonatenhauptsatzform und dem dreiteiligen Aufbau des Textes, aber ich verschone euch mit der Erläuterung 😉

Was mich in erster Linie beim Lesen fasziniert hat, ist die präzise Sprache, die wundervollen Sprachbilder, die Charakterisierungen der Figuren, die lebendig und greifbar werden, Hauptfiguren wie Nebenfiguren.

Vor allem Gustav ist ein ungemein liebenswert gestalteter Charakter in seinem Kampf, nie die Beherrschung zu verlieren, auf der einen Seite und der Art, wie er für seine Mitmenschen da ist, ohne nach Gegenleistung zu fragen, auf der anderen Seite.

Die letzten Seiten waren mir persönlich etwas zu süßlich, das Ende ein zu großer Kontrast zum gesamten Roman. Aber das ändert nichts daran, dass das Lesen für mich ein absolutes WOW-Erlebnis war.

 


Beitragsbild: Tea cups with teapot with red book on old wooden table. Top view @ songsak, depositphotos


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